(aus handball-world.com,) Am 28. April um 21:35 Uhr war es so weit. Rüdiger Hoch, der 1. Vorsitzende des HCD Gröbenzell, nahm stellvertretend für die Gröbenzeller Handballfamilie das Aufstiegsrecht in die 3. Deutsche Bundesliga in Anspruch und meldete den HCD fristgerecht zur Saison 2013/14.


Wären die Protagonistinnen des Erfolgs in diesem Moment beisammen gewesen, sie hätten genauso entfesselt gejubelt wie in dem Moment, als am 23. März in der Gröbenzeller Wildmooshalle der Schlusspfiff ertönte. Da gab es kein Halten mehr. Die Spielfläche verwandelte sich in ein Tollhaus: Bier, Sekt, Schokolade und Konfettiregen bildeten nach und nach eine schmierige Bühne. Darauf jubelten, sangen und lachten Spielerinnen, Funktionäre und Sponsoren. Der HCD Gröbenzell wurde Bayerischer Meister und der ganze Verein feierte mit.

Die wilde Feier nach dem 28:24-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg war für die Gröbenzeller Spielerinnen die Erfüllung eines Traumes, der vor nicht allzu langer Zeit noch als utopisch galt. Doch vergangene Saison war er durch den kurzfristigen Verzicht von Meister Bergtheim plötzlich ganz nah. Damals sicherte sich allerdings noch der TSV Ismaning auf den letzten Drücker das Drittliga-Ticket. Doch der HCD hatte Geschmack gefunden am Gedanken des Aufstiegs und machte es ein Jahr später lieber richtig. Aus eigener Kraft und bereits vier Spieltage vor Saisonende krönte sich Gröbenzell zum Bayerischen Meister. Den Bayerischen Pokalsieg gab es noch als Sahnehäubchen oben drauf. Am Ende waren sich alle einig: So ist es doch viel schöner!

Will man die neuere Geschichte des Gröbenzeller Aufstiegs erzählen, muss man jedoch früher anfangen: Man muss zurückgehen in das Jahr 2005, als die B-Jugend des HCD unter der Leitung von Harald Fischer Süddeutscher Meister und Dritter der Deutschen Meisterschaft wurde. Viele Spielerinnen aus diesem Team bilden den Kern der heutigen Mannschaft, deren Weg auch bei den Damen stetig bergauf ging.

2007 stieg der HCD wieder in die Bayernliga auf, den Plätzen acht, sechs und drei folgte in diesem Jahr die beinahe logische Konsequenz. Die Startformation des entscheidenden Spiel gegen Nürnberg bestand ausschließlich ehemalige Jugendspielerinnen des HCD - zwei weitere standen zur Einwechslung bereit.

Und der Trainer von damals? Der sitzt heute immer noch mit seiner beneidenswerten Gelassenheit auf der Gröbenzeller Trainerbank. 2010 übernahm der ehemalige Bundesligatorhüter alleinverantwortlich die Betreuung der Damenmannschaft. Zu Beginn dieser Saison trat er freiwillig einen Schritt zurück und holte sich mit Hendrik Pleines einen neuen Cheftrainer ins Team. „Es war Zeit nochmals für frischen Wind zu sorgen. Das war ein entscheidender Baustein für den Gewinn der Meisterschaft", erläutert Fischer.

Die beiden Trainer könnten unterschiedlicher nicht sein und ergänzen sich doch perfekt. Der 29- Jährige Pleines ist ein emotionaler Handballfachmann mit einer klaren Spielidee, der auch selbst schon als Rückraumspieler in der 3. Liga aktiv war. Fischer (51) ist der Erfahrene, der Ruhepol, der interne Motivator. Seine letzten Worte in der Kabine haben innerhalb des Teams bereits Kultstatus erreicht.

Das Sahnehäubchen auf dem Erfolg ist für Harald Fischer, dass er den größten Erfolg seiner Trainerlaufbahn mit seinen beiden Töchtern Sina und Aline feiern durfte. Sina geht seit jeher auf Rückraum Links für den HCD auf Torejagd und hat nie für einen anderen Verein gespielt. Die ehemalige Juniorennationalspielerin Aline steht inzwischen bei Drittligist ESV Regensburg unter Vertrag, durfte jedoch beim entschiedenen Spiel per Doppelspielrecht mitwirken.

Da stand er nun also in der Wildmooshalle, der Meistertrainer Harald Fischer, der sprichwörtliche Vater des Erfolgs, und platzte fast vor Stolz. In seinem Gesicht klebten Reste der Mohrenkopfschlacht, die er sich mit seinen Spielerinnen geliefert hatte, Bier und Sekt sorgten dafür, dass zahlreiche Konfettischnipsel an seinem Meistershirt kleben blieben. Wer so aussieht, muss die Wucht des Jubels, der nach dem Abpfiff ausbrach, erst einmal erklären: „HCD – das heißt Handballclub Damen. Der HCD ist einer der wenigen Vereine, der ausschließlich Handballerinnen ausbildet. Wir haben gerade mal 180 Mitglieder. Hier kennt wirklich jeder jeden – und das ist auch der Grund, warum hier alle mitgefeiert haben."

Wie der Verein selbst, so ist auch seine 1. Damenmannschaft: Sie kommt über das Kollektiv. Stets profitierte Gröbenzell im Saisonverlauf von der Breite seines Kaders, der durch vier Neuzugänge entscheidend erweitert worden war. Doch es fällt schwer, jemanden herauszuheben aus diesem Team, dessen Philosophie es ist, offensiv zu verteidigen und dann mit Tempo nach vorne zu spielen. Eine Spielweise, von der sich im entscheidenden Spiel gegen den 1. FC Nürnberg Handball beinahe 700 Zuschauer in die Halle locken ließen. Das sind fast viermal so viele wie der Verein Mitglieder zählt. Harald Fischer wertet das als Fingerzeig, dass die Gemeinde vor den Toren Münchens bereit ist für das Abenteuer 3. Liga.

Bereit will im September auch der Verein sein: Frühzeitig wurde beim HCD ein Marketingkreis gegründet, in den auch zahlreiche Spielerinnen involviert sind. Bereits seit Weihnachten arbeitet er daran, rechtzeitig seine Hausaufgaben zu erledigen. Erst als sich finanziell und organisatorisch stabile Grundlagen anzeichneten, wurde für die 3. Liga gemeldet. Natürlich möchte Gröbenzell auch sportlich seinen Kader gezielt verstärken, um konkurrenzfähig in die Saison zu gehen. Daneben steht der HCD noch immer vor der Mammutaufgabe, stabile Strukturen für den Drittligabetrieb zu schaffen und befindet sich durchaus erfolgreich auf der Suche nach weiteren Sponsoren. Wie alles in Gröbenzell geschieht das in einem unaufgeregten Umfeld, das stets besonnen agiert und niemals das Wohl und den Zusammenhalt innerhalb des Vereins aus dem Blick verliert. Den will man beim HCD nämlich auf keinen Fall opfern - nicht einmal für die 3. Liga.